Alfred Lehmanns Existenzbilder in den 50er Jahren
 
Vorboten für die Existenzbilder gibt es bereits im Frühwerk Alfred Lehmanns. Schon das erste bekannte Werk des Malers – die "Figurenkomposition – der Abend" von 1920 – zeigt eine relativ stark abstrahierte Gruppe nackter Menschen. In den 30er Jahren folgen diverse Figurengruppen auf Papier. Die umfangreiche Serie der Existenzbilder in Öl nimmt aber erst in den späten 40er Jahren ihren Anfang.
Es ist sicher kein Zufall, dass sich Lehmann genau zu dieser Zeit intensiv (und öffentlich) mit den Phänomenen der modernen Welt und der modernen Kunst auseinandersetzt – und dabei deutlichen Unmut über das technokratische Menschenbild seiner Zeit artikuliert:
"Das ist es, was es heute noch gibt: Nicht mehr die Menschen, nicht mehr die Natur, nicht mehr Gott. Nur noch die Maschinerie der Zusammenhanglosigkeit, und der Künstler zeigt, wie sie funktioniert…"
So zitiert Alfred Lehmann 1949 den Philosophen Max Picard (im Vortrag über Willi Baumeisters Buch "Das Unbekannte in der Kunst") – und macht sich daran, mit den Existenzbildern seinen persönlichen Gegenentwurf zu schaffen.
Jedes der Existenzbilder Alfred Lehmanns ist ein kleines Universum für sich. Die Bilder zeigen keinen Ausschnitt aus der realen Natur, sondern sind durch und durch Schöpfungen des Malers. Ein Prinzip, das sehr gut zum Hölzel-Bewunderer Alfred Lehmann passt – gibt es ihm doch die Freiheit, die Kompositionsprinzipien des "verehrenswerten Meisters" in aller Konsequenz auf die Leinwand zu bringen. So sind Alfred Lehmanns Existenzbilder rein malerisch betrachtet vor allen Dingen eines: Ein komplexes Beziehungsgeflecht von Farben und Formen.
Was aber geschieht in Lehmanns neu geschaffenem Universum? Gruppen nackter Menschen stehen und sitzen in der Natur. Gelegentlich sind Gesten und Bewegungen angedeutet. Doch der generelle Eindruck ist der eines schlichten "Daseins". Hier passieren keine Dramen. Hier sieht man keine individuellen Schicksale. Hier gibt es keine Zeit. Hier gibt es keine Zwänge. Hier gibt es nur die Existenz. Und zwar die Existenz im Einklang mit der Welt …