Die theoretischen Auseinandersetzungen der 50er Jahre |
Die 50er Jahre sind eine Zeit spannender Dispute um den richtigen Weg in der Kunst und – weiter gefasst – auch um den richtigen Weg in der Gesellschaft als Ganzes. Nach dem hohlen Pseudoklassizismus und "Realismus" der Nazizeit stehen in der Kunstszene antitraditionalistische Tendenzen hoch im Kurs. Willi Baumeister etwa fordert von echter Kunst ausdrücklich die Darstellung des "Unbekannten", bisher Unentdeckten. Gegenständlichkeit wird mit Skepsis betrachtet. Es gibt aber auch gegenläufige Stimmungen. "Über die Gefahren der modernen Kunst" – so lautet der Titel eines Vortrags, den der große Kunsthistoriker Hans Sedlmayr beim Darmstädter Gespräch von 1950 hält – kurz nachdem er in einem seiner bekanntesten kunstkritischen Bücher "den Verlust" der Mitte beklagt hatte. Auch Alfred Lehmann bezieht in dieser Diskussion Stellung. Zusammen mit Manfred Pahl und Walter Wörn gibt er ab 1952 die "Stuttgarter Künstlerbriefe" heraus, die sich mit aktuellen Fragen der Kunst beschäftigen. Er kritisiert Baumeisters Kunstkonzept – und teilt dabei viele der Bedenken, die Modernismusskeptiker wie Sedlmayr vorbringen. Andererseits hat Lehmann aber auch Adolf Hölzel als Vorbild entdeckt, der das Kunstwerk vor allem als Komposition aus Formen und Farben versteht. Kurz: Alfred Lehmann in ein klares "Pro und Contra" Schema zu pressen, fällt nicht leicht. Was die Ausdrucksformen der Kunst betrifft, ist er offen für vieles. Zwei Dinge jedoch behagen Lehmann gar nicht: Der Alleinherrschaftsanspruch der gegenstandslosen Kunst und der (seiner Auffassung nach) oft fehlende Humanismus im Menschenbild seiner Zeit. |